Grün alternative Partei

System der strukturell bedingten Verantwortungslosigkeit

So bezeichnet der Berner Rechtsprofessor Markus Müller die Handhabung der sich häufenden Affären und Skandale im Kanton Bern. Zum Beispiel stellte ein Bericht Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates fest, dass Hunderte Millionen Steuerfranken im Amt für Gebäude und Grundstücke (AGG) wegen Führungsmängeln über Jahre verbrannt worden sind.

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Bild: Prof. Markus Müller

Prof Müller bestätigt in einem aufsehenerregenden Report der BZ vom 7. Juli 2021, was wir von der GaP schon seit Beginn des Jahrtausends kritisiert haben: Das "New Public Management" und die Auslagerungen staatlicher Kernaufgaben in "private" Aktiengesellschaften fördern das System der Verantwortungslosigkeit.

Die Schwierigkeit, nachträglich politische Verantwortung einzufordern, zeigt sich für Markus Müller am Beispiel von New Public Management (NPM), schreibt die BZ.  Und weiter:  Nach dessen Grundsätzen wurde die Verwaltung Anfang der 1990er-Jahre von enthusiastischen Politikern und Beratungsbüros nach betriebswirtschaftlichen Führungsmodellen auf Effizienz und Gewinn getrimmt. Mehrere Verwaltungseinheiten wurden im Zuge davon verselbstständigt und unter anderem in privatwirtschaftliche AGs umgewandelt. Die strategische und operative Führung sollte von den staatlichen Behörden auf die Leitungsorgane dieser Unternehmen übergehen. 

2011 gestand die Berner Kantonsregierung in einem Communiqué ein, dass «die neue Verwaltungsführung die Erwartungen nicht erfüllt» habe. In der Praxis hätten die Leistungs- und Wirkungsziele nicht gegriffen, der erhoffte Unternehmergeist habe die Verwaltung nicht verändert, sondern teilweise blockiert. Dazu Prof. Müller: «Obwohl das New Public Management an sich gescheitert ist, sind dessen negative Auswirkungen im öffentlichen Sektor weiterhin zu spüren», 

Etwa bei den BKW-Spitzengehälter,  der zum Teil unfairen Konkurrenzierung des Gewerbes durch reihenweise von der staatlichen Energiegesellschaft zugekaufter Betriebe und dem uneinsichtigen Beharren der BLS auf dem Standort Chliforst für ihre neue Werkstätte zeigt sich das Problem der Auslagerungen von Staatsbetrieben. Der Geist von NPM wirke auch heute im Umgang mit staatlichen AGs nach, so Müller.  Für diese trage an sich die Kantonsregierung die letzte politische Verantwortung. Der Regierungsrat erkläre aber, das Aktienrecht verbiete es ihm, auf den Geschäftsgang und die strategischen Entscheide halbstaatlicher Unternehmen Einfluss zu nehmen. Dazu Müller: «Das ist aber so nicht korrekt».

Auch der Grosse Rat hat versagt

Das oberste Aufsichtsorgan über die Regierung wäre das Kantonsparlament, der Grosse Rat. Zum Teil wegen eines Wahlsystems, das die grossen Parteien krass bevorzugt, fehlt dort praktisch jede Opposition. Während wir bei der "Finanzaffäre" in den 80iger Jahren des letzten Jahrhunders im Grossen Rat sofort nach Bekanntwerden der unschönen Vorkommnisse eine "Besondere Untersuchungskommission BUK" durchsetzen konnten, wo wir die Fehlverhalten minutiös aufarbeiten konten, was zum Rücktritt von Regierungsräten führte, hiess es jetzt im Grossen Rat, man dürfe "nicht zurückschauen" ...

Als einzige Chance zur Änderung des "Systems der Verantwortungslosigkeit" bleibt, dass bei den Neuwahlen im kommenden Frühjahr viel mehr kritische und furchtlose Mitglieder, die von den Regieungspareien unabhängig sind, in den Grossen Rates gewählt werden.